Ruth Priese
Ruth Priese     Körper- und systemisch orientierte Begleitung von kleinen und grossen Menschen

                                                           MITERLEBTE GESCHICHTEN


Mira  »..wir haben ein anderes Kind!«

wurde von ihren Eltern zu mir gebracht, als sie fast 5 Monate alt war. Sie hätten im „Kids Go“ von mir gelesen, wollten einfach ausprobieren, ob ihnen das hier helfe, weil sie bei vielen anderen Stellen bereits ohne Erfolge Hilfe gesucht hätten. Sie waren aber sehr skeptisch. »Wir haben ein unruhiges Kind. Ich habe auch Probleme mit dem Stillen, sie geht immer an die Brust ran – und ab – ran – und ab«, beschrieb die zarte, unsichere Mutter (Betriebswirtin) die Situation zuvor am Telefon: »Sie quengelt ständig, es sei denn, ich laufe mit ihr ´rum. Da hilft nur alle 2 Stunden Anlegen. Aber das will ich nicht mehr. Ich zweifle schon, dass ich keine gute Mutter bin. Vielleicht hat sie eine Verengung des Darms, weil sie immer auch kurz vor dem Stuhlgang schreit«.  Sie habe von einem »gastrokolischen Reflex« gelesen. Wenn das Kind nachts mehrmals wach wird, werde sie oft wütend, was ihr wiederum ein schlechtes Gewissen mache. Nach diesem unserem Kennenlern-Telefonat sei die Mutter »nachdenklich« gewesen.
        Mira ist ein gewünschtes - und das erste Kind ihrer Eltern, die schon 7 Jahre lang zusammen leben. Der Vater ist als Geschäftsleiter beruflich sehr eingebunden. Die Schwangerschaft sei »sehr gut« verlaufen. Sie hätten eine »ganz tolle« Hebamme gehabt, die der Mutter u.a. Akkupunktur gegeben habe »für eine schnelle Geburt. Das hat auch geklappt«. 6 ½ Stunden habe die Spontangeburt gedauert, 11 Tage nach dem errechneten Termin und in Gegenwart des Vaters. Mira habe »Stress unter der Geburt gehabt, hat Mekonium geschluckt. Das Fruchtwasser war grün. Die Ärztin hat ihr schon eine Kanüle zum Absaugen in den Mund geschoben, als nur der Kopf geboren war. Sie hat immer wieder gespuckt am ersten Tag«. Die Begrüßung zwischen Eltern und Kind sei sehr schön gewesen: Sie hätten einander gleich angeschaut. Sie habe das Kind gleich angelegt und zu dritt hätten sie die ersten 4 Stunden nach Miras Geburt allein im Kreissaal sein können.
        Ihr Kind habe jedoch schon auf der Wochenstation sehr viel geschrien. Die Milch habe in den ersten zwei Tagen bis zum Milcheinschuss einfach für Miras Hunger nicht gereicht. Die Mutter habe viel Angst gehabt, dass sie die andere Mutter und ihr Kind im gleichen Zimmer stören könnte.
        Die Eltern waren mit Mira beim Orthopäden, der zunächst eine »angebliche Blockade an der Wirbelsäule, vier Wochen später auch noch am Brustbein löste« und anschließend Physiotherapie mit Cranio-Sakraltherapie verschrieb. Verdauungsprobleme und »angeblich« KISS seien dann vom Alter von 6 Wochen von einer Ostheopathin (auch cranio sacral) behandelt worden. Dabei wäre der Stuhl jedes Mal ´rausgedrückt worden, was dem Kind augenscheinlich kurze Zeit Entspannung verschafft habe. Die Kinderärztin habe auch von Koliken gesprochen.

Mira sieht mich bei unserer ersten Begegnung intensiv mit beschwertem, ernstem Gesicht an. Als sie auf Papas Arm unruhig wird und zögerlich weint, wirken ihre Bewegungen, ihr Durchbiegen des Rückens auf mich wie ein Auseinanderfallen ihres Körpers. Ich habe gleich den Eindruck, dass dieser kleine Mensch uns mit seinen Bewegungen zeigen möchte, was er in Schwangerschaft und Geburt erlebt hat. In der von Miras Bewegungen und Tönen bestimmten kurzen Zeit, die mir dafür bleibt, versuche ich, den Eltern diesen sichtbaren Wunsch ihres Kindes zu erklären. Das ist für beide offenbar völlig neu und fremd. Sie geben mir zögerlich ihr Einverständnis, die Bewegungen und das Weinen des Kindes ermutigend zu begleiten. Der Mutter kommen Tränen, sodass ich mich entscheide, Miras Ausdrucksprozess zu  unterbrechen: Ich bitte die Mama, das Kind an ihren Körper zu nehmen. Sie stillt Mira und ich empfinde den Anblick der beiden als sehr friedlich. Die Eltern erkundigen sich nach den Erklärungen, die ich Miras Verhalten gebe, und nach meinen Ausbildungen. Der Vater betont sein naturwissenschaftliches Weltbild. Ich spreche von Wilhelm Reich, David Chamberlain und Etienne sowie Neeto Peirsman, zeige deren schöne Fotos von »Geburtsprozessen«. »Wie geht es weiter?«, fragt die Mutter. Ich schlage vor, in Ruhe zuhause miteinander zu beraten, ob sie wiederkommen möchten. Sie rufen an und erbitten einen nächsten Termin.
        Beim zweiten Treffen nach einer Woche wieder mit allen Dreien empfinde ich Mira als nicht ganz so ernst und die Mutter etwas gefestigter, gelassener und zum Kind inniger. Die Woche sei viel ruhiger gewesen. Das sei außer dem hier Erlebten vermutlich auch Folge des Rates einer Stillberaterin, nach Bedarf zu stillen. Sie trage Mira zwar weiterhin nicht, aber schlafe jetzt öfter mit ihr zusammen. Gerade habe Mira zwei Stunden auf ihrem Bauch geschlafen und sie habe das genossen! Mira drückt, auf ihrem Bauch liegend, ihr Gesicht in eine meiner Matten. Ich gebe ihr Halt an ihren Füssen, bestätige mit Worten, was ich erlebe und so schiebt sie sich heftig weinend und ihren Körper biegend in unserer gemeinsamen, sie körperlich berührenden und Begleitung mit unseren Worten eine große Strecke. Als sie auf der Seite schluchzend liegen bleibt und die Mama anschaut, bitte ich diese, sich neben das Kind zu legen und es zu trösten, was diese – heute ohne eigene Tränen - liebevoll tut. Als Mira dann beim Papa auf dem Arm ist, fährt sie dort fort, sich zu winden und aufzubäumen. Ich  frage die Eltern, ob wir dem Kind eine weitere »Runde« ermöglichen sollen. Die Mutter ist eindeutig dafür, der Vater sagt entschieden: »Nein, ohne mich! Ich kann mein Kind nicht so leiden sehen«. Mit dieser Ablehnung im Raum entschließe ich mich, den Vater zu ermutigen, das Kind von seinen Impulsen abzulenken, was ihm durch schaukelndes Gehen und die Nähe des Fensters auch gelingt. Die Mutter sagt: »Mira verarbeitet ihre Geburt«. Nun gähnt Mira drei Mal auf Papas Arm, was ich dankbar als Zeichen einer leichten Entspannung erlebe. Im Autositz jedoch biegt sie sich erneut heftig durch und stößt mit den Füssen. (Immer in solchen Situationen bin ich ärgerlich auf diese Art, so kleine Kinder fern vom Körper ihrer Eltern zu transportieren.)
        Bei unserem dritten Treffen mit der ganzen Familie empfinde ich Mira wieder sorgenvoller, blass, zerbrechlich - trotz kräftiger Konstitution. Die Mutter: »die ganze Woche war schlimm, Mira hat viel – schmerzlich - geweint, heute besonders doll, etwa 30 Minuten lang. Ich bin am Ende...«. Der Vater berichtet, dass sie zum ersten Mal mit Mira zusammen einkaufen waren und dass das Wochenende recht ruhig gewesen sei. Wir sprechen über Möglichkeiten, die Nächte so zu gestalten, dass das Kind nicht allein schläft und sich dadurch vielleicht sicherer fühlen kann und weniger wach wird, und, da deutlich wird, dass die Mutter mit dem häufigen Stillen überfordert ist, übers Zufüttern und Mutters Erwartungsängste...Als Mira anfängt zu weinen, höre ich, dass der Papa unsere letzte Sitzung nicht gut fand. Er stehe schon dahinter, wenn es nötig sei, wolle es selbst aber nicht begleiten, das solle die Mutter machen. Für mich ist dies ein Signal, dass wir auf die Bereitschaft des Vaters warten müssen. Ich bitte ihn, das Kind zu tragen, was für mich eine Ablenkung von ihren Impulsen ist. Mutter: »wenn sie auf dem Arm ist, ist sie still, aber dazu habe ich keine Kraft mehr«. Nachdem Mira gestillt wurde, verabreden wir den nächsten Termin in einer Woche.
        Bei unserem vierten Treffen zu viert erlebe ich Mira wieder weicher und gelöster in ihrem Gesichtsausdruck. Wir sprechen erneut über Papas Zweifel an meiner Art, ein Kind zu begleiten, über seine Angst, dass wir ihm etwas »aufzwingen«. Folglich spreche ich heute nur mit Mira, als sie unruhig wird und halte mit Einverständnis der Eltern Körperkontakt zu ihr mit meiner Hand. Dann nimmt der Papa sie auf seinen Arm, wo sie für mich entspannter und ruhiger aussieht, als ich es von den letzten Treffen her in Erinnerung habe. Wir sprechen über Mutters Ressourcen... Ihr fällt ein, dass sie selbst als Baby beim Weinen allein gelassen worden – und sehr früh in die Krippe gekommen sei. »Insgesamt ist es aber besser geworden«. Sie schläft jetzt nachts neben Mira, der Vater will es am Wochenende tun. Und es soll mit Zufüttern begonnen werden. Sie nimmt das Buch von D. Chamberlain: »Woran Babys sich erinnern« mit und hat es bis zur nächsten Woche ausgelesen. Er: »'ist ein bisschen wie Familientherapie«.
        Zu unserem fünften Treffen kommt der Papa aus beruflichen Gründen 45 Minuten später. Mutter: »vorgestern und gestern ist alles wunderbar gewesen, Mira ist fröhlich gewesen und ist mehrere Nächte nachts nur ein Mal gekommen. Aber heute war es wieder ganz schlimm. Sie ist nachts alle 2 Stunden gekommen und war den ganzen Tag über quengelig«. Und strahlend: »aber heute früh haben wir bis um 9 Uhr zusammen im Bett verbracht«. Sie hätten gestern schon überlegt, ob sie überhaupt noch zu mir kommen müssten oder »bloß so prophylaktisch, weil es uns gut tut, nicht wegen des Kindes«. Die Mutter habe sich von der Kinderärztin eine Überweisung zum Ultraschall von Miras Bauch geben lassen, weil es trotz homöopathischer Kügelchen scheint, als leide das Kind unter Verstopfung. Aber sie sei unsicher, ob sie dahin gehen soll. Ich erkläre meine Überzeugung von psychosomatischen Spannungen bei Mira, von denen wir ja gemeinsam erlebt haben, wie sie sie ganz allein abarbeiten möchte...Mira wird unruhig, nachdem die Mutter ihre Beinchen mehrfach gestreckt und wieder angewinkelt hat, das belustige sie. Mira kommt bald in sehr heftiges Weinen mit Tränen und offenen Augen, Schimpfen und Schieben – zwei große Runden auf meinen Matten. Auch die Mutter begleitet sie liebevoll, jetzt überzeugt: »schön!«. Auf ihrem Arm fordert Mira noch ein zweites Mal ein und ist dann sehr erschöpft, wird gestillt. Da kommt der Papa, nimmt seine Tochter auf den Arm und bemerkt ihr »anderes, gelösteres Gesicht«. Mutter: »Es war gar nicht so schlimm – vielleicht müssen wir dann doch noch weiterkommen.«
        Zum sechsten Termin kommen Mutter und Kind allein: »nach so einem Schieben ist Mira immer 1-2 Tage völlig entspannt, fröhlich und unkompliziert. Dann wird sie nach und nach wieder unzufriedener und es kommt zu einer solchen Entladung. Ich habe das zuhause allein begleitet auf unserem Ehebett. Da hat sie 6 Runden geschoben. Papa ist einverstanden, dass ich nun allein hier zur Therapie bin«. Mira sei nachts nur ein Mal gekommen und habe jetzt täglich 1-2 Mal Stuhlgang. Die Mutter ist nun überzeugt davon, dass es keine speziellen Darmprobleme sind. Sie werde mit dem Kind auch nicht zu dem Ultraschall gehen. Die Anmut zwischen ihr und Mira erscheint mir wieder größer und schöner geworden. Dann kommt Mira auf dem Bauch liegend erneut in sehr sehr heftiges Weinen und Schieben. Ihr Körper windet sich, bäumt sich hin und her. Auch ihr Kopf geht hin und her, wo die Mutter liebevoll versucht, Blickkontakt zu ihr herzustellen, aber den Eindruck hat, dass Mira ihren Blicken ausweicht. Auf Mamas Arm blickt sie dann wie aus einer anderen Welt kommend und wird mit »Willkommen in der Wirklichkeit!« begrüßt. Dann fordert Mira mit ihren Körperbewegungen eine zweite Tour – und ruht danach wieder in ihrem Hafen aus. Aber als Mama sie zum Anziehen auf die Matte legen will, weint sie. Noch einmal nimmt Mama sie hoch und wieder weint Mira beim Ablegen. Dieses Mal bleibt die Mutter dabei und beruhigt das Kind mit dem Schnuller - : »Wie lange Noch?«»Ich weiß es nicht«.
        Beim siebenten Treffen wieder ohne Papa (»- gut, dass Du am Donnerstag wieder mit dem Kind zur Ruth gehst«) berichtet die Mutter, 5 von 7 Tagen der Woche seien gut gewesen. Nachts komme Mira 1 Mal, das sei erträglich. Tags schlafe sie jetzt ganz viel, sei immer müde. Der Stuhlgang komme jetzt oft beim Füttern. Mira kommt aus der Bauchlage auf die Knie, wippt den Po in die Höhe, weint. Ich lege meine Hände an ihre Füße, Mama kniet an ihrem Kopf. Mira schiebt sich durch Mutters Körper hindurch, weniger Strecken, weniger Stoßen, weniger Winden ihres Körpers dabei, oft aufgestemmt auf beide Ärmchen mit offenen Augen der Mutter klagend erzählend – dann auf Mutters Arm – gelöst. Im Gespräch ist die Mutter interessiert an Gründen für Miras Bewegungen über die Geburt hinaus. Ich deute an, dass es auch systemische »Altlasten« gibt, mit denen die Kinder sich identifizieren und sie deshalb ausdrücken können. Sie berichtet von einem Problem zwischen ihr und ihrem Mann, das sie auch in der Schwangerschaft sehr belastet habe. Mir wird Miras Körpersprache wieder ein wenig verständlicher.
      Auch beim achten Treffen sind wir zu dritt: »Endlich haben wir regelmäßige Zeiten!«. Ich gebe als »Hausaufgabe«, das zu genießen. Wir haben wieder ein wenig Muße zum Horchen auf Mamas Kindheit und Jugendzeit. Miras Phase mit Bewegungen und Weinen im Vierfüßlerstand und Krabbelansätzen ist kurz und heftig. Sie schaut die Mutter dabei an, greift nach ihr, krümmt sich kurz und kommt auf ihrem Arm sofort zur Ruhe – jetzt ohne nochmalige entsprechende Bewegungsimpulse. Die Mutter thematisiert zum ersten Mal die Eingewöhnung in eine Kita, auf welche die Familie mit Vollendung von Miras erstem Lebensjahr zusteuert. Ich spreche unverhohlen meine Trauer darüber aus, dass diese Trennung so früh in ihrem Leben sein soll, wo es nun doch gerade erst ein wenig vergnüglicher für das Kind geworden ist. Zum ersten Mal schlägt die Mutter einen Termin erst in 14 Tagen vor.
        Beim neunten Kontakt wirken die Mutter und Mira auf mich verhalten fröhlich: Es seien wieder große positive Veränderungen geschehen. »Wir haben ein anderes Kind!«. Der Papa könne sie jetzt nachts auch beruhigen, die Nachtmahlzeit sei weggefallen, tags esse Mira problemlos zwei Breie. Vorgestern habe sie ganz viel geweint, gestern durchgeschlafen. Sie habe seit drei Wochen Durchfall, was die Kinderärztin aber nicht dramatisiert habe, da alle Schleimhäute und die Fontanellen o.k. seien. Den Termin zum Ultraschall des Bäuchleins hat die Mutter in der Tat nicht wahrgenommen. Als Mira gestern am Tag fröhlich gewesen sei, habe sie mit ihr »ernst« geredet, dass sie beide nachts das Durchschlafen brauchen. Mira wirkt auf mich weiterhin zart und nachdenklich. Einen intensiven Blickkontakt zu mir, in dem ich ihre Mimik spiegele, bricht sie durch Abwenden des Kopfes deutlich überfordert ab. Sie schaukelt vergnüglich im Vierfüßlerstand und lächelt ihren kleinen Plüschelefanten beglückt an. Das Verhältnis zwischen ihr und der Mutter wirkt auf mich soo viel gelöster! Ich genieße die beiden. Nachdem ich Miras Unterkörper ein wenig massiert habe, (weil ich den Eltern gern noch Elemente der Schmetterlingsbabymassage mitgeben möchte), kommt sie noch einmal in eine kurze, heftige Wein- und Schimpfphase mit wütenden stoßenden Bewegungen, dann aber schnell auf Mutters Arm zur Ruhe: »Wir hätten uns und ihr so viel ersparen können! Ich erzähle das überall weiter. Ich habe mir nicht vorstellen können, einmal bei so etwas zu landen«. Mama legt sich gemütlich auf meine Matten genießt den Anblick ihres Kindes, registriert bewusst ihre eigenen Ängste, dass Miras Weinen wieder losgehen könnte. Sie berichtet von einem Gespräch mit ihrer Mutter über ihre eigene Babyzeit. Und sie sage Mira immer wieder: »... das sind Mamas Probleme, nicht Deine!«. Beim nächsten Kind werde sie ambulant in der Klinik entbinden. Ich gebe das Buch von Hans-Joachim Laewen und Beate Andres über deren Eingewöhnungskonzept in Krippe und Tagespflege mit.
        Den für 14 Tage darauf verabredeten Termin sagt die Mutter ab. Obwohl Mira jetzt fast nur noch ein fröhliches Kind sei, das nachts durchschläft, habe es heute die ganze Nacht geweint, sei vermutlich krank und sie wolle mit ihm heute lieber zur Kinderärztin gehen. Eine Woche später kommt erneut der Papa mit. Jetzt ist auch die Mama »seit langem zum ersten Mal krank. Die Nächte sind z.Zt. wieder ganz schlimm«. Die Eltern kämen nachts auch manchmal in Streit, wer von ihnen das Kind beruhigen geht. Ich erläutere die dadurch entstehende zusätzliche Beunruhigung für Mira. Mir wird deutlich, dass zu viel körperliche Nähe für diese Mutter derzeit zu viel ist und plädiere in dieser konkreten Situation für in der Regel noch getrenntes Schlafen von Eltern und Kind. Mutter: »Ich möchte mein fröhliches Kind von vor der Erkältung wieder haben!« Miras Durchfall ist weg. Der Papa äußert nun die Überzeugung, dass das »Schieben hier« die Veränderungen bei ihrem Kind bewirkt habe: »Ich verstehe es zwar nicht, aber es funktioniert. Es geht dem Kind danach eindeutig besser – wie manchmal bei dem PC, ich verstehe nicht wie - , aber es funktioniert.«
Ich bitte eindringlich um klare Absprachen zwischen den Eltern  v o r dem Schlafengehen.
         Zum elften und von der Mutter deutlich als letztes markierten Treffen sind sie und Mira wieder allein gekommen: Der Papa habe sich das letzte Mal nicht so wohl gefühlt, weil zwischen mir und der Mutter eine gewisse Intimität entstanden sei. Ich hatte mir zwei Bücher über Glück und Kommunikation  eingesteckt, die die Mutter gern zum Lesen mitnimmt. Mira krabbelt und fängt an, sich zum Stehen hoch zu ziehen. Sie sei »wieder fröhlich aber 'bisschen quengelig, nicht so wie vor der Krankheit«, lasse sich nachts beruhigen. Der nächtliche Streit zwischen den Eltern habe aufgehört, sodass die Mutter zufrieden ist. Ich empfinde Miras »Quengeln« jetzt eher als Unzufriedenheit mit den Grenzen ihres Könnens, leite die Mutter zum Streicheln an, wenn das Kind ihre Körpernähe sucht. Die Mutter wirkt auf mich gestraffter, auch in ihrer Körperhaltung. Beim großen Familientreffen am Wochenende sei Mira das liebste und fröhlichste Kind und 2 Stunden lang auf dem Schoß der Großmutter gewesen. Es geht auch um die Frage, ob die Großeltern jetzt mehr und mehr in die Pflege des Kindes einbezogen werden könnten, damit »wir ´mal z. B. einen Abend ohne Kind verbringen können«. Die Mutter plant eine 8-Wochen dauernde Eingewöhnungszeit in die Kita und freut sich jetzt schon auf ihre KollegInnen auf ihrer Arbeit - , äußert erneut ihre Dankbarkeit: »´was Besseres hätte der ganzen Familie nicht passieren können. Wir hätten schon viel früher kommen sollen...«.


Und hiermit danke ich Miras Eltern sehr herzlich, diesen Bericht hier veröffentlichen zu dürfen.    R.P. im Januar 2010



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